Schon kurz nach der Veröffentlichung des Manga
König der Dornen von YUJI IWAHARA (
Koudelka) im Jahr 2003 war klar, dass eine Animeumsetzung kommen würde. Natürlich kann man sich nun vorstellen, dass es einen regelrechten Kampf der Studios gab, wer nun endlich den Erfolgsmanga auf die Leinwand bringen durfte. Letztendlich entschied sich IWAHARA für Sunrise. Sunrise ist ein großes Studio, dass dank solcher genialer Kracher wie
Cowboy Bebop,
Steamboy,
City Hunter,
Gundam Wing,
Escaflowne und
Code Geass schon auf eine beeindruckende und kultträchtige Erfolgsliste zurückblicken kann. Nun galt noch die Frage zu klären, welches Format der anstehende Anime bekommen würde, wobei die Überraschung groß war, als nach fast sechs Jahre feststand, dass aus
König der Dornen ein Kinofilm wird. Das verwunderte zwar Viele, ist doch das 900-seitige Werk Nicht gerade kurz, aber schließlich gelang es auch beispielsweise beim Mammutwerk
Akira einen Kinofilm richtig umzusetzen. Sogar so gut, dass daraus
einer der größten Klassiker im Animeuniversum wurde. Allerdings wurde dort nur knapp die Hälfte des Manga in einen Anime transportiert. Wie weit würde man also bei
König der Dornen gehen? Nur ein Kinofilm oder doch eine ganze Reihe? Und wem sollte man diese doch sehr erwartungsvolle Aufgabe anvertrauen? Auf die erste Frage hin gab Sunrise verständlicherweise keine Antwort, aber immerhin wurde mit HIROSHI YAMAGUCHI (
Neon Genesis Evangelion,
Tengen Toppa Gurren-Lagann,
Blue Submarine Nr. 6) ein guter Drehbuchautor engagiert, der den Kultmanga für das Kino adaptieren sollte. Beim Regisseur war man leider weniger vorsichtig und verpflichtete KAZUYOSHI KATAYAMA (
Shin Kaitei Gunkan,
Argento Soma,
Magic Star Magical Emi,
Those Who Hunt Elves,
Big O), der in 25 Jahren als Regisseur bislang kein nennenswertes Werk vorweisen kann. Bis halt nun eben die langwartete Verfilmung von
König der Dornen.
Die Animationen waren ja im Trailer echt voll der Burner, im fertigen Film sieht das fertige Produkt dann leider doch nicht mehr so gut aus. Fangen wir mal beim Charakterdesign an, dass komplett aus dem Manga übernommen wurde und an welches sich auch
King Of Thorn strikt hält. Jeder Charakter ist genau getroffen und hervorragend in den Film übernommen worden; bis auf die ausladenden Tätowierungen von Marco, die hier weniger fein ausgearbeitet wurden, aber das ist aber nur ein kleines Detail und darum auch zu vernachlässigen. Die Anzahl der Monsterarten hat man leider auf zwei reduziert. Dass heißt, es gibt nur noch die kleinen geflügelten Ungeheuer in Rabengröße und die saurierartigen Zweibeiner. Allerdings wurde ihr Design ein wenig verändert, so dass sie im Film eine ganze Spur bestialischer, gefährlicher und blutrünstiger aussehen. Trotzdem kann man in ihnen die Mistviecher aus dem Manga erkennen, was auch ein positiver Aspekt für die Animationen ist. Nicht zuletzt auch, weil hier mit Cel-Shading ganz schön nachgeholfen wurde; so dass die Biester fast dreidimensional rüberkommen. Das wirkt sich auch positiv auf die Bewegungsabläufe aus, die in den meisten Szenen flüssig daherkommen, aber leider halt noch nicht ganz perfekt. Man kann sich hierbei einfach nicht des Eindrucks erwehren, als ob hier nicht noch mehr möglich gewesen wäre, was auch durch stocken in einigen Szenen unterstrichen wird. Neben Cel-Shading wurden auch reguläre CGI-Effekte eingefügt, die aber über die Maßen mies aussehen und darum vermutlich auch nicht in den Trailern zu sehen waren. Wenn man ehrlich ist, wirken die CGI-Effekte für die heutige Zeit direkt peinlich, wenn man sie zum Beispiel mit früheren Animefilmen wie etwa
Ghost In The Shell 2: Innocence von 2004 vergleicht, wo der Einsatz von Computereffekten nahezu perfektioniert wurde. Wer in
King Of Thorn eine vergleichbare Klasse in den Animationen erwartete, der wird leider enttäuscht. Zu guter Letzt bleiben noch die Hintergründe, bei denen man sich von Szene zu Szene auch nie sicher sein kann, ob man als Zuschauer ein sehr detailliertes Bild oder ein wenig farbiges Gemälde im Stile des Minimalismus vor sich hat. Wo die Ursache hier zu suchen ist, da kann man eigentlich nur raten. Betrachtet man jedoch nun einige Attribute zusammen, gewinnt man den Eindruck, als ob man bei der Produktion stark unter Zeitdruck stand, was viele Dinge wie etwa die unrunden Bewegungsabläufe oder die schlechten Computereffekte erklären würde. Im Großen und Ganzen sind die Animation in
King Of Thorn zwar schon sehr akzeptabel, aber Perfektion sollte man hier nicht erwarten. Immerhin halten sich die Zeichnungen, seien es nun die Hintergründe oder die Charaktere und die Locations, stets sehr dicht an die Vorlage. Einen gesonderten Pluspunkt gibt es noch für die Actionszenen, die nun aber wirklich gut in Szene gesetzt worden sind.
Der Sound von
King Of Thorn dagegen klingt sehr sauber, besitzt etliche Vertonungen und Umgebungsgeräusche aller Art. Natürlich auch gleich mit Dolby Digital Plus, damit das Klangbild auch richtig saftig rüberkommt.
Die Musik für den Film besteht fast zur Gänze aus orchestralem Arrangement, wie es sich für einen groß angelegten und epischen Kinofilm auch gehört. Dabei wird der Zuschauer auch nicht mit schmalzigen Melodien wie etwa bei
Sword Of The Stranger überfrachtet und damit genervt. Vor allem, weil man hier nie dieselbe Hookline zu hören bekommt. Bis hier hin ist die Musik sehr gelungen, aber wie für einen Anime typisch darf auch hier ein finales Titelied nicht fehlen. Dieses heißt
„Edge Of The World“ und stammt von der japanischen RnB-Sängerin MISIA. Anfangs wirkt der Song zwar durch viele Streichinstrumente und das Paino sehr klassisch, driftet aber schon recht schnell in Brechreiz hervorrufenden J-Pop ab. Auf dieses Lied hätte man locker gut verzichtet können, denn ansonsten macht die Musik wirklich einen sehr guten Eindruck.
Für den deutschen Release im Herbst wird es selbstverständlich
eine Synchronisation geben. Aber welche Sprecher daran beteiligt sein werden steht momentan noch in den Sternen. Sobald der Film aber offiziell bei uns im Handel ist, wird dieser Punkt natürlich nochmal überarbeitet.
Kenner des Manga wissen, dass
die Atmosphäre in
König der Dornen zum Großteil aus fettesten und bretterharten Actionszenen bestand. Und auch im Film gibt es natürlich einige dieser Szenen auch zu sehen, die sich dabei in ihrer Rasanz und in ihrer Härte nicht von der Vorlage unterscheiden. Mit der Action einher ging in der Vorlage auch ein relativ hohes Maß an Gewalt, deren Niveau auch in den Film übernommen wurde. Das sieht so aus, als dass man die Form der Brutalität ein wenig geändert hat, jedoch dieselbe Blutrünstigkeit an den Tag legt. Also auch wenn
King Of Thorn keinen plakativen Splatter besitzt, so scheut man sich hier auch nicht Blutvergießen zu zeigen. Allerdings sollte man sich damit abfinden, dass die Verfilmung insgesamt weit weniger Action enthält als der Manga, die zu Gunsten der Handlung gestrichen wurde. Hier rächt sich erstmalig die kurze Spielzeit, die durch das Kinoformat entsteht. Dadurch, dass sich die Protagonisten nach wie vor ihren Weg durch das verwunschene Schloß bahnen müssen sind die Adventureanteile auch hier recht hoch, sowie die kleine Dosis Sience-Fiction. Dazwischen wird ein wenig an der Spannungsschraube gedreht und es ist Zeit für ein wenig Suspense. Man hält sich also hierbei an die Vorlage; was auch bedeutet, dass auf allzu emotionale Szenen verzichtet wird. Jedoch konnte man leider nicht widerstehen und hat einige Dinge in den Film eingebaut, die so im Manga nicht zu finden waren. So gibt es in
King Of Thorn nun auch einen minimale Dosis Humor, was durch den kleinen Jungen Timmy erreicht wird, der das Geschehen, die Gegner und die Locations mit einem Computerspiel vergleicht, welches er gerade fleißig zockt. Das sorgt für den einen oder anderen Lacher und funktioniert als Ausgleich mit der dramatischen Action recht gut. Ebenfalls neu ist der Vergleich mit dem deutschen Märchen
Dornröschen, dass hier den ganzen Film hindurch bis zum Ende zitiert wird. Die Verbindung zu
Dornröschen kam im Manga zwar auch nicht vor, aber durch die Parallelen, die
König der Dornen mit dem deutschen Märchen hat – wie etwa das verwunschene Schloss, die Dornen und die schlafende Prinzessin – erweist sich die Idee nicht nur als sehr originell, sie passt auch so hervorragend in den Film, dass man sich glatt fragen muss, warum nicht YUJI IWAHARA schon beim Zeichnen seines Mangas auf die Idee kam.
Bei
den Charakteren gibt es schon mehr Bewegung. Bei der Kerntruppe – das sind die Menschen, die aufgewacht sind und nun herausfinden wollen, was denn genau passiert ist – hat sich an für sich wenig getan. Grundsätzlich wurde nicht nur deren Charakterdesign, sondern auch die Charaktereigenschaften in die Verfilmung übernommen. Nur fällt die Charakterisierung dieser Hauptpersonen bei
King Of Thorn viel unzureichender aus, als im Manga. Wie auch, bei der wenigen Zeit die bei einem Kinofilm verbleibt? Auf diese Weise sorgen einige Szenen dann schon für manch ratlose Gesichter. Beispielsweise wenn die Protagonistin Kathryn plötzlich Timmy schlagen will. Jeder, der den Manga gelesen hat, weiß, dass sie durch ihre Alkoholsucht gewalttätig gegenüber ihrem Sohn geworden ist und in Folge dessen auch das Sorgerecht verloren hat. Der nüchterne Zuschauer des Films aber hat dieses Hintergrundwissen nicht und wundert sich nun natürlich warum Kathryn auf einen Schlag so aggressiv reagiert. Auf der anderen Seite hat man bei Hauptprotagonist Marco Owen einige Eigenschaften verändert. So ist er zum Beispiel kein Hacker, sondern ist tatsächliches Mitglied des MI5 (das ist der britische Geheimdienst). Darüber hinaus ist er hier weit weniger der coole Einzelkämpfer als mehr der humorvolle Teamspieler und Bandenführer. Aber leider wirkt „sein“ Humor oft fehl am Platz und ziemlich prollig, was halt so gar nicht in die Atmosphäre passen will. Aber das ist leider noch nicht Alles. So wurden einige wichtige Charaktere ganz einfach weggelassen. Wie Etwa das russische Mädchen Alice, dass hier nur sehr kurz erwähnt wird und eigentlich nur als Leiche vorhanden ist. Oder der Hacker Zeus, der komplett fehlt. Dafür aber darf hier Ivan Karol Vega, der Boss von Venus Gate, als aktiver Charakter und nicht mehr nur als Videobild ein paar Sätze sagen und erklärt weitaus verständlicher als im Manga, was das Medusa-Virus eigentlich ist. Und auch der Hauptcharakter Kasumi wurde von Änderungen verschont. Trotzdem hätte man auf einige Änderungen verzichten können und ausnahmsweise hätte es sich sogar ab und an angeboten Etwas wegzulassen. So ist das Charakterbild in
King Of Thorn nicht das Gelbe vom Ei und wirkt an manchen Stellen unlogisch und abrupt.
Bei der
Story sind leider sämtliche Befürchtungen eingetreten, die man im Vorfeld hegte. Es handelt sich um
einen Film, der alle sechs Bände des Manga bis um epischen Finale abgedeckt und dabei gerade einmal 120 Minuten dauert. Zwei Stunden sind nicht viel Zeit, um das ausladende Abenteuer ordentlich zu erzählen. Während die Atmosphäre dies einigermaßen gut verkraftet hat, haben wir bereits gesehen wie die Charakterisierung darunter leidet. Und auch die Handlung hat damit Probleme. Es geht schon damit los, dass wegen der sehr wenigen Zeit, die zu Verfügung steht, ganze Passagen gestrichen werden mussten. Etliche Handlungsblöcke fehlen, was besonders in den ersten 60 Minuten deutlich spürbar ist. Und selbst in den Sequenzen, die in den Film transportiert worden sind, machen sich Kürzungen bemerkbar. Dort hat man auch als Zuschauer, der die Vorlage nicht kennt, ein um das andere Mal das Gefühl, dass Etwas fehlt. Davon betroffen sind nämlich sowohl Handlungsszenen als auch Actionszenen, das Intrigenspiel zwischen den Protagonisten und einige Hintergrunderklärungen. Aber nicht, dass sich das positiv auf das Tempo ausgewirkt hätte. Den Lesern von
König der Dornen bleibt kaum Zeit zum Atmen, bevor nach einer kurzen Einleitung die Figuren schon von geflügelten Monstern und Drei Meter hohen Großechsen zerfleischt werden; die Hölle losbricht und fette Action das Bild bestimmt. In
King Of Thorn jedoch bekommt man als Zuschauer nämlich eine völlig neue Einleitung präsentiert, die fast endlose 30 Minuten in Anspruch nimmt, bevor die Kandidaten überhaupt einmal zu den Schlafkapseln gebracht werden. Der Film braucht also sehr viel länger um in die Gänge zu kommen. Aber nicht nur das: es wurden im Gegenzug zu den fehlenden Passagen einige wenige neue Szenen eingefügt, um quasi jene Handlung, die in den gestrichenen Sequenzen erzählt wird, extrem komprimiert doch noch irgendwie in den Film zu integrieren. Dass dies nicht so recht funktionieren will, das hätte man sich im Vornherein denken können. Auf diese Weise muss der Film Einiges von seiner Schnelligkeit einbüßen. Erst nach ungefähr 45 Minuten geht es endlich wie gehabt Schlag auf Schlag los mit Action, Hast, Blut und Medusa. Bis es nun schließlich zu dem gigantischen Finale kommt, das ohne Änderungen aus dem Manga übernommen wurde. Bis auf Zeus halt, weil für den kein Platz in der Verfilmung war. Alles in Allem liegt das größte Manko der Animeumsetzung in der fehlenden Handlung, weswegen eine OVA oder kleine Serie wesentlich mehr Sinn gemacht hätte.
Fazit: Schlussendlich ist
King Of Thorn zwar als alleiniger Film für einen unterhaltsamen Abend ganz brauchbar, aber im Vergleich mit dem Manga eine schlechte Umsetzung. Grund dafür ist ganz simpel fehlende Zeit, weswegen eine OVA oder eine Serie die wesentlich besser Wahl dargestellt hätte. Resultierend aus der wenigen Zeit mussten sehr viele Passagen gestrichen oder gekürzt, aber neue Szenen dafür integriert werden. Auch die Charakterisierung ist aus zeitlichen Gründen und wegen einigen Änderungen nur unzureichend ausgeführt. Darüber hinaus fehlt es
King Of Thorn am Tempo der Vorlage. Zu guter Letzt erweisen sich auch die Animationen als nicht perfekt. Dafür wurden der Look, die Locations, das Charakterdesign, der Blutgehalt und das Finale nahtlos aus dem Manga übernommen.